Ambulante Pflege – Ein zentraler Baustein der Gesundheitsversorgung

Die ambulante Pflege spielt eine entscheidende Rolle im deutschen Gesundheitssystem. Sie bietet pflegebedürftigen Menschen die Möglichkeit, in ihren eigenen vier Wänden zu bleiben und dennoch eine umfassende Betreuung zu erhalten. Pflegekräfte besuchen die Patient:innen zu Hause, um ihnen bei der Grundpflege zu helfen, medizinische Behandlungen durchzuführen und notwendige hauswirtschaftliche Unterstützung zu leisten. Dieser ganzheitliche Ansatz trägt dazu bei, dass sich die Patient:innen sicher und gut versorgt fühlen.
Alexander Herms, der mit seiner Frau den Pflegedienst Pflegefreunde in Münster gegründet hat, beschreibt diesen Ansatz folgendermaßen:

„Wir möchten gerne alles aus einer Hand anbieten als Pflegedienst, was so ein älterer Mensch zu Hause braucht.“
Pflegefreunde | Ambulanter Pflegedienst in Münster
Ihr ambulanter Pflegedienst in Münster und Umgebung. Professionelle Pflege und Betreuung Ihrer Angehörigen in den eigenen vier Wänden.

Wundmanagement in der ambulanten Pflege

Ein besonders anspruchsvoller Bereich der ambulanten Pflege ist das Wundmanagement. Dabei geht es um die Pflege von chronischen Wunden, die oft über Monate oder sogar Jahre bestehen und eine intensive und spezialisierte Betreuung erfordern. Zu diesen Wunden zählen etwa ein Dekubitus (Druckgeschwüre), Ulcus cruris (offenes Bein) und das diabetische Fußsyndrom. Solche Wunden verursachen nicht nur starke Schmerzen, sondern schränken auch die Lebensqualität der Betroffenen erheblich ein.

Die Pflegefreunde haben sich auf die Versorgung dieser chronischen Wunden spezialisiert. Alexander Herms beschreibt die Motivation dahinter:
„Wenn wir weiter diesen Anspruch haben wollen, dass wir alles irgendwie aus einer Hand anbieten und wir springen jetzt auf diesen Zug nicht auf, dann verpassen wir was.“
Diese Spezialisierung ist in der Branche besonders wichtig, da immer mehr Patient:innen chronische Wunden entwickeln und eine gezielte Versorgung benötigen.

Die Herausforderung chronischer Wunden

Chronische Wunden heilen nur sehr langsam oder gar nicht und sind für viele Patient:innen eine dauerhafte Belastung. Diese Wunden entstehen oft als Folge von Durchblutungsstörungen, Diabetes oder mangelnder Bewegung. Sie erfordern eine kontinuierliche Überwachung und Behandlung. Das Ziel des Wundmanagements ist es, den Heilungsprozess zu fördern oder zumindest das Fortschreiten der Wunde zu verhindern.

Ein zentrales Problem ist, dass viele Pflegekräfte in der Vergangenheit nicht ausreichend für diese spezialisierte Aufgabe ausgebildet waren. Dies führte zu mangelhafter Wundversorgung und längeren Heilungszeiten. Hierbei geht es darum, die Ursachen der Wunde – wie etwa Durchblutungsstörungen – zu bekämpfen, anstatt nur die Symptome zu behandeln.

„Die Wunde heilt nicht wegen der Wundauflage, sondern die heilt, wenn wir uns der Kausaltherapie widmen.“

Die Rolle der pflegenden Angehörigen

Ein oft vernachlässigter Aspekt in der ambulanten Pflege ist die Rolle der pflegenden Angehörigen. Sie sind häufig die erste Anlaufstelle für pflegebedürftige Menschen und übernehmen einen Großteil der täglichen Pflege. Gerade im Bereich des Wundmanagements können sie eine wertvolle Unterstützung bieten, indem sie auf die Hygiene achten und kleinere Pflegemaßnahmen selbst durchführen.

Die Angehörigen müssen jedoch ebenfalls geschult werden, um Fehler zu vermeiden, die den Heilungsprozess gefährden könnten. Regelmäßige Beratung und Unterstützung durch professionelle Pflegekräfte ist hier entscheidend. Pflegedienste sollten den Angehörigen daher verstärkt Anleitung und Schulungen anbieten, um sie in den Pflegeprozess zu integrieren. So können auch sie zur Verbesserung der Pflegequalität beitragen.

Psychologische Betreuung: Mehr als nur Wundpflege

Ein weiterer wichtiger Punkt, der oft übersehen wird, ist die psychologische Betreuung von Patient:innen mit chronischen Wunden. Wunden, die über einen langen Zeitraum bestehen, beeinflussen nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die Psyche der Betroffenen. Patient:innen fühlen sich oft hilflos, leiden unter ihrem veränderten Körperbild oder ziehen sich sozial zurück. Dieser psychische Stress kann den Heilungsprozess weiter verzögern.

Es ist daher wichtig, dass Pflegedienste nicht nur die körperlichen Symptome behandeln, sondern auch psychologische Unterstützung anbieten oder Patient:innen an entsprechende Fachkräfte vermitteln. Ein integrativer Ansatz, bei dem die psychische Gesundheit genauso ernst genommen wird wie die physische, ist von zentraler Bedeutung, um eine ganzheitliche Versorgung zu gewährleisten. Dieser ganzheitliche Ansatz trägt wesentlich dazu bei, dass Patient:innen wieder mehr Selbstvertrauen gewinnen und sich weniger sozial isoliert fühlen.

„Die Steigerung der Lebensqualität steht bei uns im Vordergrund. Auch wenn die Wunde nicht vollständig heilt, können wir dafür sorgen, dass die Patient:innen sich wohler fühlen.“

Hygiene – Der Schlüssel zur erfolgreichen Wundversorgung

Die Bedeutung der Hygiene in der Wundversorgung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Eine unzureichende Wundhygiene führt häufig zu Infektionen, die den Heilungsprozess verlangsamen und weitere Komplikationen nach sich ziehen können. Gerade in der ambulanten Pflege, wo Pflegekräfte täglich in unterschiedliche Haushalte gehen, ist es wichtig, dass strenge Hygienestandards eingehalten werden. Dazu gehört beispielsweise der Einsatz steriler Materialien und die richtige Anwendung von Wundauflagen. Auch die Desinfektion der betroffenen Hautstellen sowie der Umgebung spielt eine wichtige Rolle.

Pflegedienste wie die Pflegefreunde setzen spezielle Wundversorgungssets ein, um sicherzustellen, dass alle notwendigen Materialien steril sind und jede Wunde individuell versorgt werden kann. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass Infektionen vermieden und der Heilungsprozess gefördert werden.

Weiterbildung als Schlüssel zur Qualitätssicherung

Die Weiterbildung der Pflegekräfte ist ein weiterer zentraler Faktor für den Erfolg im Wundmanagement. Aufgrund der Komplexität chronischer Wunden müssen Pflegekräfte umfassend geschult sein, um die besten Behandlungsergebnisse zu erzielen. In Deutschland gibt es spezialisierte Weiterbildungsprogramme wie den Wundexperte:in ICW, die Pflegefachpersonen das notwendige Fachwissen vermitteln.

Initiative Chronische Wunden - Initiative Chronische Wunden e.V.
Standards, Fortbildungen und aktuelle Themen in der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaft
„Wir haben unsere Pflegekräfte speziell im Bereich Wundmanagement ausbilden lassen. Diese Ausbildung umfasst nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch praktische Übungen, was sie von anderen Wundmanagement-Kursen abhebt“

Diese spezialisierte Ausbildung befähigt die Pflegekräfte, komplexe Wunden zu behandeln und auf die individuellen Bedürfnisse der Patient:innen einzugehen. Die regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen und Zertifizierungen sorgt dafür, dass das Wissen aktuell bleibt und neue Behandlungsmethoden in den Pflegealltag integriert werden.

Technologische Innovationen und Digitalisierung im Wundmanagement

Neben der Weiterbildung der Pflegekräfte spielen technologische Innovationen eine immer größere Rolle im modernen Wundmanagement. Digitale Lösungen, wie etwa Apps zur Wunddokumentation oder Telemedizin, ermöglichen es Pflegediensten, den Heilungsprozess besser zu überwachen und schneller auf Veränderungen zu reagieren. Solche Technologien helfen auch dabei, die Zusammenarbeit zwischen Pflegekräften und Ärzt:innen zu optimieren, indem sie den Informationsaustausch erleichtern.

Eine weitere Innovation ist der Einsatz moderner Wundauflagen, die antibakterielle Wirkstoffe enthalten und somit Infektionen vorbeugen. Auch fortschrittliche Behandlungsmethoden wie die Vakuumtherapie, bei der die Wunde unter Unterdruck gesetzt wird, um die Heilung zu beschleunigen, werden zunehmend in der ambulanten Pflege eingesetzt.

Wirtschaftliche Hürden und Vergütungsmodelle

Trotz der großen Fortschritte im Wundmanagement stehen viele Pflegedienste vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen. Die Vergütung für die Versorgung chronischer Wunden deckt oft nicht die tatsächlichen Kosten, die mit der spezialisierten Pflege verbunden sind. Dies stellt insbesondere kleinere Pflegedienste vor Probleme, da sie wirtschaftlich arbeiten müssen, um langfristig bestehen zu können.

„Aktuell ist das so, dass es kaum ein Setting gibt, in dem die chronische Wunde einen positiven Deckungsbeitrag erzielt.“

Dies bedeutet, dass Pflegedienste oft Verluste machen, wenn sie sich auf die Versorgung chronischer Wunden spezialisieren. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach dieser spezialisierten Pflege groß. Hier sind Reformen in der Vergütung und eine stärkere Unterstützung durch die Krankenkassen dringend erforderlich, um die Pflegedienste finanziell zu entlasten.

Häusliche Krankenpflege
Versicherte haben nach § 37 SGB V Anspruch auf häusliche Krankenpflege.

Patient:innensicherheit und Qualitätskontrolle

Die Patientensicherheit und die Sicherstellung einer gleichbleibend hohen Pflegequalität sind essenzielle Ziele im Wundmanagement. Hierbei spielen regelmäßige Qualitätskontrollen und die Einhaltung von Hygienestandards eine zentrale Rolle. Pflegedienste müssen sicherstellen, dass alle Pflegekräfte entsprechend geschult sind und dass die Wundversorgung nach den neuesten medizinischen Standards erfolgt.

Alexander Herms erklärt, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit zwischen Pflegediensten und Ärzt:innen ist:

„Wir haben kein Interesse daran, anderen Pflegediensten die Patient:innen wegzunehmen. Unsere Arbeit basiert auf Vertrauen und Zusammenarbeit.
Eine enge Abstimmung zwischen den verschiedenen Akteur:innen im Gesundheitssystem ist unerlässlich, um die Sicherheit der Patient:innen zu gewährleisten und optimale Ergebnisse zu erzielen."

Spezialisierung und Qualität durch die Bundesarbeitsgemeinschaft Wunde

Die Bundesarbeitsgemeinschaft spezialisierter Leistungserbringer "Wunde" (BAG Wunde) setzt sich für die Verbesserung der Wundversorgung in Deutschland ein. Sie bietet eine Plattform für spezialisierte Wundpflegedienste, fördert den Austausch und die Weiterentwicklung von Standards und vertritt die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Kostenträgern und politischen Institutionen. Zu ihren Zielen gehört es, einheitliche Qualitätskriterien zu etablieren und die Effizienz der Wundversorgung zu steigern. Sie strebt außerdem eine faire Vergütung der erbrachten Leistungen an, um die Versorgung chronischer Wunden nachhaltig zu sichern.

Fazit: Die Zukunft der ambulanten Pflege und des Wundmanagements

Die ambulante Pflege und das Wundmanagement stehen vor großen Herausforderungen, aber auch vor spannenden neuen Möglichkeiten. Die Spezialisierung auf chronische Wunden, die Integration moderner Technologien und die kontinuierliche Weiterbildung des Pflegepersonals sind entscheidende Faktoren, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.

Gleichzeitig müssen wirtschaftliche Hürden abgebaut und die Vergütungsmodelle angepasst werden, um eine langfristige finanzielle Stabilität der Pflegedienste zu gewährleisten. Durch eine verstärkte Zusammenarbeit, sowohl zwischen den verschiedenen Akteur:innen im Gesundheitswesen als auch mit den Angehörigen der Patient:innen, kann eine umfassende, ganzheitliche Pflege sichergestellt werden.


Veranstaltungshinweise und Aufrufe

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Am 24. und 25. Oktober 2024 findet der „6. Deutsche Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie“ im Langenbeck-Virchow-Haus in Berlin statt. Weitere Informationen unter: https://www.patientensicherheit2024.de/
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Für ihre Promotion zum Thema „MIND“ (moralischer Distress unter Intensivpflegepersonen in Deutschland) sucht Larissa Forster (larissa.forster@uniklinik-freiburg.de) Intensivpflegende für eine anonyme Erhebung. Eine Teilnahme ist über folgendem Link möglich: https://zks-redcap.uniklinik-freiburg.de/surveys/?s=7ECY97FLCNJ9AH43
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Für die virtuelle Expert:innen-Konferenz am 15.11.2024 im PICo-Projekt (www.uni-wh.de/pico 3) werden noch Expert:innen, d.h. Pflegende mit oder ohne Personalverantwortung und Leitungspersonen aus der stationären Altenpflege in Deutschland gesucht. Bei Interesse meldet Euch gerne mit einer kurzen E-Mail (pico@uni-wh.de) oder unter 02302-926809.

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