Körperausstreichung beeinflusst das Pusher-Syndrom

#3 | 04.05.2023

Eine Interventionsstudie untersuchte, welche Auswirkungen eine Körperausstreichung auf die Pusher-Symptomatik bei Schlaganfallbetroffenen hat. In diesem Briefing stellt Jan Röttgers eine kleine Studie dar, die jedoch sehr vielversprechend für die pflegerische Praxis ist.

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Zusammengefasst von

Studien-Charakteristika

  • Autorin: Bianca Schmidt-Maciejewski
  • Jahr: Mai 2022
  • Land: Deutschland
  • Design: Interventionsstudie
  • DOI: https://doi.org/10.1007/s16024-022-00369-z

Wichtige Begriffe geklärt

  • Pusher-Syndrom: Wahrnehmungsstörung, die sich auf die aufrechte Körperposition bezieht.
  • Postural: Die Körperhaltung betreffend
  • monozentrisch: wird nur in einer Einrichtung durchgeführt
  • Quasi-Experiment: es erfolgt keine zufällige Zuweisung (Randomisierung) der Vergleichsgruppen

Was war das Ziel der Studie?

Ziel war es, mittels neurophysiologischer Kröperausstreichung, die posturale Vertikale zu verändern, um die Pusher-Symptomatik zu vermindern.

Warum ist das wichtig?

Von dem Pusher-Syndrom sind zehn bis 16 % aller Schlaganfallpatient:innen betroffen. Diese Patient:innengruppe zeigt ein vermindertes rehabilitatives Outcome, sowie eine erhöhte Pflegebedürftigkeit nach stationärer Entlassung. Dabei verschlechtert sich das Outcome der Patient:innen weiter, je länger das Pusher-Syndrom bestehen bleibt.

Warum hast du diese Studie gewählt?

Auf meinen neurologischen Stationen sehe ich häufig Patient:innen mit Pusher-Syndrom. Oft kommt die pflegerische „Standardversorgung“ bei den Pusher-Betroffenen an ihre Grenzen, gerade bei der Mobilisation. Die Studie hilft mir, das komplexe Syndrom besser zu verstehen und bietet praxisnahe Überlegungen zur Symptombekämpfung.

Was wurde untersucht?

Die Körperausstreichung soll die Körperwahrnehmung verbessern. Dabei erfolgte eine dreifache Ausstreichung an zehn aufeinanderfolgenden Tagen einmal täglich in Richtung der gelähmten Körperhälfte.  Zur Effektmessung fand u. a. im Anschluss an die Intervention eine Erfassung der subjektiv posturalen Vertikalen in sitzender Position an der Bettkante statt  sowie eine Winkelvermessung der Unterschenkelabweichung in Bezug zur Rumpfmittellinie per Fotografie.

Was wurde herausgefunden?

  • Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine regelmäßige, standardisierte, neurophysiologische Körperausstreichung bei Schlaganfallpatienten: innen die Pusher-Symptomatik reduzieren kann.
  • Die Effekte der Intervention halten für mindestens eine Stunde an, wobei die deutlichste Pusher-Syndrom-Reduktion nach zehn Minuten postinterventionell zu messen ist.
  • Ab dem achten Durchführungstag soll eine konstante Pusher-Symptomatik-Reduktion ersichtlich sein.

Wie verlässlich sind die Ergebnisse?

Die Stichprobe mit elf Patient:innen bei einem monozentrisch durchgeführten quasiexperimentellen Studiendesign limitiert die Aussagekraft. Außerdem kommt die Arbeit ohne Kontrollgruppe aus, was einen Abgleich mit der Regelversorgung von Pusher-Syndrom Patient:innen nicht ermöglicht. Die Durchführung der Intervention ist lediglich durch eine Fachperson durchgeführt worden, was ebenfalls Einfluss auf das Gesamtergebnis haben kann.

Wie lassen sich diese Ergebnisse für die Praxis nutzen?

  • Die Körperausstreichung ist eine praktikable, wenig aufwendige Maßnahme, welche sich im Pflege- oder Therapeut:innenalltag niederschwellig und routinemäßig integrieren lässt.
  • Reduzierte Pusher-Symptomatiken können zu einer vereinfachten und verbesserten Mobilitätsförderung beitragen und somit Pflegemaßnahmen erleichtern.
  • Die Durchführungstechnik bedarf einer Anwender:innenschulung.
  • Die Nutzung des validen Screeningtools wie dem „Scale of Contraversive Pushing“ sowie der Winkelvermessung der Unterschenkelabweichung in Bezug zur Rumpfmittellinie kann ein ergänzender Weg sein, Pusher-Symptomverläufe transparenter aufzuzeigen.